• Digitale Dienste
  • Kita-Anmeldungsportal Little Bird (externer Link)
  • Stadtbibliothek (externer Link)
  • Stadtratsportal (externer Link)

Miteinander vorwärtskommen

Liebe Puchheimerinnen, liebe Puchheimer,

es gibt viel Unmut, Verärgerung und Unzufriedenheit im Land. Was konkret falsch ist und deswegen verändert werden müsste, wird jedoch selten klar formuliert. Die Palette spannt sich von Fahrradwegen in Peru hin zu überbordender Bürokratie, von offenen Grenzen bis zur Unfähigkeit der Regierung, von Düngeverordnungen bis zur Gefährdung der Demokratie.

Ich selbst bin freilich vorrangig in Puchheim unterwegs und habe deswegen vielleicht einen eingeschränkten Blickwinkel, aber ich kann diese große Wut auf die Regierung nicht verstehen und gutheißen. Das hat wenig mit Parteizugehörigkeit zu tun, sondern mit der Betrachtung der Notwendigkeiten für die Umgestaltung unserer Lebensgewohnheiten.

Erstens: Wenn man die Klimaerwärmung als wissenschaftlich erwiesen akzeptiert, dann muss man zur Abschwächung der katastrophalen Folgen auf fossile Energiestoffe radikal verzichten. Das bedeutet aber auch, dass es Windräder und PV-Anlagen, Wärmepumpen und Elektroautos braucht. Wer sich dagegen sträubt, hat dann entweder zukünftig keinen Strom mehr oder beschleunigt die Klimaerwärmung noch mehr. Vor dieser Grundsatzentscheidung wird man sich nicht wegducken oder mit dem Finger auf andere zeigen können. Der Staat hat hier meiner Meinung nach die Aufgabe, eine Richtungsentscheidung zu treffen und den Weg auf dieses Ziel hin sozial und gerecht zu gestalten. Über Letzteres kann und muss man diskutieren und verhandeln.

Zweitens: Wenn man den Angriff Russlands auf die Ukraine auch als Bedrohung des eigenen Landes einordnet, wird man nicht umhinkommen, jetzt mehr Geld für Verteidigung einzustellen. 100 Milliarden Euro sind dabei ein enorm hoher Betrag, der natürlich irgendwo gegenfinanziert werden muss. Allein die Zinsen müssen bedient werden. Dadurch können andere Leistungen nicht mehr voll ausbezahlt werden, solange die Schuldenbremse eingehalten werden soll. Welche Leistungen gekürzt, woher zusätzliche Erträge kommen können, darüber muss im parlamentarischen Diskurs entschieden werden. Nichts tun oder auf Schutz durch andere zu bauen, ist ziemlich riskant.

Drittens: Wenn man an Menschenrechten als individuelles Recht jedes einzelnen Menschen unabhängig von Herkunft, Rasse, Religion oder Leistungsfähigkeit festhalten will, dann muss man gegen Verachtung und Hass vorgehen und gegen Einstellungen, die eine Zwei-Rechte-Gesellschaft propagieren: Diejenigen, die Rechte haben, weil sie hier schon immer sind und diejenigen, die keine Rechte haben, weil sie von woanders herkommen. Das bedeutet nicht, dass alle das Gleiche erhalten müssen, aber dass alle das gleiche Recht haben, menschenwürdig behandelt zu werden. Wie das konkret aussieht, darüber muss man sich in einer Gesellschaft, die globale Verantwortung übernehmen will, einigen.

Liebe Puchheimerinnen und Puchheimer, vielleicht erwarten Sie, dass ein Bürgerbrief expliziter auf Puchheim eingeht. Das kann ich verstehen, dennoch möchte ich mitunter meine politische Haltung erklären, weil diese Grundeinstellung Auswirkungen auf konkrete Entscheidungen vor Ort mit sich bringt: auf die Umsetzung des Klimaschutzes, auf finanzielle Entscheidungen, auf Asyl- und Flüchtlingspolitik. Da mag dann auch in Puchheim die eine oder andere ärgerliche Maßnahme herauskommen. Aber angesichts der oben beschriebenen Herausforderungen wird man es weder allen recht machen, noch ohne Einschränkungen und Zumutungen auskommen können. Der Preis für das „weiter so“ wäre jedoch viel höher. Deswegen meine Empfehlung: Genug vermurkst, genug geschimpft. Jetzt schauen wir, dass wir miteinander Schritt für Schritt vorwärtskommen.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Seidl

Erster Bürgermeister

Bürgerbriefe 2024

Bürgerbriefe 2023

Bürgerbriefe 2022

Bürgerbriefe 2021

Bürgerbriefe 2020

Bürgerbriefe 2019

Bürgerbriefe 2018

Bürgerbriefe 2017

VOILA_REP_ID=C1257FC6:0036B223